KBV "Fresena" Utgast e. V.

Vereinsgeschichte


Klootschießen und Boßeln in Utgast - 
von der Jahrhundertwende ins Jahr 2000


Die Zeit vor der Jahrhundertwende

Nach mündlichen Überlieferungen waren gute Utgaster Klootschießer schon um 1880 in weiter Umgebung sehr bekannt. Damals wurde die Flüchterweite nicht mit dem Metermaß, sondern noch nach Schritten - "Trä" - gemessen. Die drei Brüder Arend, Harm und Klaas Hinrichs machten den Namen Utgast weit über die Grenzen des Harlingerlandes bekannt. Auch Gerd Harms Gerdes, Großvater des berühmten Meisterwerfers Gerd Gerdes (Gerd de Groot) und dessen Sohn Hero, der die seltsame Eigenart hatte, den Kloot mit der rechten Hand und die Boßelkugel mit der linken Hand zu werfen, galten als hervorragende Klootschießer. Um die Jahrhundertwende galten auch die beiden Brüder Gerd und Harm Eilts und ein paar Jahre später Herken Oelrichs und Johannes Wilken als gute Werfer. Gerd Eilts nahm am 26. Januar 1901 als Werfer in der ostfriesischen Auswahl im ersten Feldkampf gegen Butjadingen teil. Auch Herken Oelrichs und Cornelius Apken standen im Feld gegen Butjadingen ihren Mann.

Die Gründungszeit der Klootschießervereine und -verbände

Nach der Gründung des Friesischen Klootschießerverbandes am 25. Mai 1902 durch Hinrich Dunkhase (Burhave) und Gerhard Gerdes (Ochtersum) kam es vermehrt zur Gründung von Vereinen. So auch im Jahr 1908 in Utgast. Die Klootschießerfreunde aus Holtgast, Utgast und Fulkum versammelten in Utgast sich zur Gründung eines Vereins, der den Namen "He kummt" erhielt. Das Aktive Vereinsleben dauerte allerdings nur sechs Jahre. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges kam das Vereinsleben völlig zum Erliegen.

1920 - Der "Sportverein Fresena" Utgast wird aus der Taufe gehoben

Nach dem Ersten Weltkrieg trat das Boßeln mehr und mehr in den Vordergrund. Die Utgaster wie auch die Fulkumer fühlten sich stark genug und wollten einen eigenen Verein. Hinzu kam es immer häufiger zu Reibereien zwischen den Dörfern. Im Juni des Jahres 1920 rief Cornelius Apken - der zu der Zeit wohl beste Utgaster Klootschießer und zweifacher Teilnehmer bei Feldkämpfen gegen Butjadingen - alle "Utgaster Freunde des Sports" zur Gründungsversammlung eines selbständigen Vereins in Utgast zusammen. Es wurde der Sportverein "Fresena" gegründet. Es sollte neben dem Friesenspiel auch 'richtiger' Sport getrieben werden, dazu ist es allerdings nie so richtig gekommen. Der Vorstand setzt sich wie folgt zusammen:

Der Name "He kummt" blieb damit allein für die Holtgaster, deren Verein auch heute noch diesen Namen trägt. Nur wenig später trennten sich auch die Fulkumer, die seitdem den Namen "Germania" Fulkum führen.

Der Verein schaffte zunächst eine neue Ausrüstung - sprich Kloote, Boßelkugeln, Sprungbrett, Matte und, was sehr wichtig war, eine Fahne zum Bahnweisen an. In den Jahren bis zum zweiten Weltkrieg entwickelte sich der Verein mehr und mehr zur Hochburg des Klootschießens in Ostfriesland. Genannt seien als Namen Ricklef Gerdes, Theodor Behrends und - wohl als herausragend zu bezeichnen - Gerd Gerdes - genannt 'Gerd de Groot'. Der Zweite Weltkrieg legte das Vereinsleben still.

Klootschießer in Utgast
Die Aufnahme entstand kurz vor dem 2. Weltkrieg
Utgaster Klootschießer:

v.l.: ?, Harm (Habbi) Eilts, Gerd Gerdes (auf dem Brett), Theodor Behrends, Ricklef Gerdes, ?

Die Anfangsjahre nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach 1945 erwachte langsam das Vereinsleben wieder. Nach dem Krieg kam es zu einem Verbot des Friesenspieles, da die britischen Besatzer kurzerhand alle Aktivitäten, die etwas mit Waffen zu tun hatten, verboten haben. Zwar kannten die Briten das Klootschießen nicht, aus dem Wort "schießen" jedoch schlossen sie, daß es sich um einen Waffensport handelte. Eine Demonstration des Klootschießens 1947 in Isums bei Wittmund klärte dieses Mißverständnis schnell auf, so daß es mit dem Klootschießen wieder aufwärts gehen konnte. An der Vorführung in Isums nahmen drei Werfer aus Utgast teil: Gerd Gerdes, Ricklef Gerdes und Theodor Behrends.

Auch in Utgast ging es bergauf. Unter dem Vorsitz von Theodor Behrends wurde der Verein in "Klootschießer- und Boßelverein" umbenannt. Nach dem Krieg wurden auch die Feldkämpfe wieder aufgenommen. Neben Duellen mit Moorweg und Middelsbur kam es immer wieder zu spannenden Aufeinandertreffen mit den Klootschießern aus Südarle.

Gegen Mitte der fünfziger Jahre kam der Verein in finanzielle Schwierigkeiten. Eine abgeschlossene Unfallversicherung, bei der die Beiträge jedes Jahr sehr stark anstiegen, die bei Unfällen jedoch nicht zur Zahlung bereit war und sich hinter entsprechenden Klauseln versteckte, brachte den Verein in eine ernste Lage. Theodor Behrends hatte damals die rettende Idee: "Denn wurd uns Verein enfach uplöst!" Gesagt - getan. Am 21.12.1955 trat der gesamte Vorstand zurück. Der Verein war aufgelöst, und die Versicherung war gekündigt.

Damit wurde aus der nächsten Jahreshauptversammlung eine Gründungsversammlung: Am 06. Februar 1956 wurde ein neuer Vorstand gewählt, der Verein war wieder da. Hermann Burmeister wurde 1. Vorsitzender des KBV "Fresena".

Das Klootschießen und Boßeln geht neue Wege

Im Laufe der Zeit wurde das Friesenspiel immer mehr als Sportart angesehen so daß man sich schließlich dem Landessportbund Niedersachsen anschloß. Es wurden Damen- und Jugendgruppen gegründet, der Mehrkampf wurde eingeführt.Der große Aufwärtstrend setzte mit Aufnahme der Punktrunden ein. Damit verbunden wurde auch ein umfassendes Regelwerk eingeführt.
Ein Meilenstein wurde durch Georg Oldewurtel in den siebziger Jahren gesetzt. Er war Vereinsvorsitzender von 1973 bis 1978. Durch intensive Jugendarbeit konnten die Utgaster Werfer unzählige Titel auf Kreis-, Landes- und Verbandsebene erringen. Ende der siebziger Jahre nahmen gleich drei Utgaster an den Europameisterschaften im Boßeln und Klootschießen teil. Im Schleuderballweitwurf konnte sogar zweimal der Titel des Deutschen Meisters sowie drei Vizemeistertitel errungen werden.
Nachfolger von Georg Oldewurtel wurde 1978 Martin Böök, der dieses Amt zwanzig Jahre inne hatte und somit zusammen mit Johann Braams, Kassenführer seit 1975, für Kontinuität im Vereinsleben stand.

Im Jahre 1998 gaben Martin Böök und Johann Braams - zusammen mit weit mehr als 50 Jahren Vereinsarbeit - ihre Ämter in jüngere Hände. Auf der Jahreshauptversammlung am 02. Oktober 1998 wurde Martin Böök zum Ehrenvorsitzenden, Johann Braams zum Ehrenvorstandsmitglied ernannt. Aus der Versammlung wurde Folkmar Lüpkes zum neuen 1. Vorsitzenden gewählt. Im Jahr 2011 wurde Detlef Peters Vereinsvorsitzender.

Bei Freundschaftskämpfen gilt auch noch heute der alte Brauch:
"Well vör is, de het wunn'n!"

Anmerkung:

Der ehemalige Vorsitzende Theodor Behrends erzählte 1983 in einem längeren Interwiew aus der Geschichte des Vereins "Fresena" Utgast. Eine Vereinschronik ging entweder durch die Wirrnisse des Zweiten Weltkrieges oder durch einen Brand der Gaststätte Schröder im Februar 1946 verloren. Die ausführliche Überlieferung ist nachzulesen in "Das alte Friesenspiel ist jung", Alberts/Wiemann/Basse-Soltau 1988, Soltaukurier Norden.
Ergänzend wurde für die Erstellung dieses kurzen Umrisses der Vereinsgeschichte des KBV "Fresena" Utgast eine Ausarbeitung von Friedrich Lüpkes aus dessen Dorfchronik eingearbeitet.


Die Gründungsmitglieder des KBV "Fresena" Utgast


Cornelius Apken, sein Vater Apke Apken, Gerd Eilts, Harm Eilts, Johannes Wilken, Tjark Janssen, Jakob Janssen, Joh. H. Janssen (wurde zum ersten Schriftführer gewählt), Gastwirt Reemt Schröder, Heere Fischer, Poppe Osterkamp, Joh. Rosenbohm, Diedrich Oltmanns, Klaas Egberts, Joh. W. Gerdes, Wilke Hinrichs und Ulfert Schröder. Letzterer war mit 16 Jahren wohl der jüngste Mitbegründer.

 
Die Vorsitzenden des KBV "Fresena" Utgast



Home